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Aus meinem Bücherregal

Sicher zum Führerschein


Ich blättere ja gerne mal in alten Büchern und Broschüren, diesmal habe ich ein altes Lehrbuch zum Fahrunterricht ausgegraben: Das kleine Buch "Sicher zum Führerschein; Ein Lehrbuch zur Ausbildung für die Führerscheinklassen 1-3-4" soll den Fahrschüler auf die praktischen Situationen im Straßenverkehr und auf die Fahrprüfung vorbereiten.

Dieses Buch stammt von April 1964, es wurde von der Fahrschule Loy "Am Grävingholz" in Dortmund-Eving an ihre Fahrschüler ausgegeben. Das Lehrbuch beinhaltet daher die Regelungen, die damals im Straßenverkehr aktuell und für die Fahrprüfung relevant waren.

Als Verfasser des Buches ist Ingenieur Fritz Rauscher, VDI, angegeben. Ein Verlag ist dagegen nicht genannt, statt dessen aber die Druckerei: Dies ist die Verlagsdruckerei Freisinger Tagblatt Dr. Franz Paul Datterer OHG.

Früher ebenso wie heute soll dem Fahrschüler beigebracht werden, auf welche Zeichen und Signale er im Verkehr achten muß. So gilt auch heute noch, daß die Weisungen eines Verkehrspolizisten Vorrang vor Schildern und Ampeln haben. Wo aber sieht man heutzutage noch einen Polizisten in der Mitte einer Kreuzungen stehen und den Verkehr regeln? Auch den Begriff "Schutzmann" für einen Verkehrspolizisten benutzt man inzwischen kaum noch.

Die verschiedenen Straßenverkehrssituationen sind ähnlich wie heute: Es sind kleine Bildchen von Alltagssituationen an Kreuzungen und Einmündungen, mit Autofahrern, Fahrradfahrern, manchmal auch mit Straßenbahnen oder mit Fußgängern mit Handkarren. Und meistens geht es um die Frage, wer Vorfahrt hat und wer auf wen warten muß. Es gibt Schilder, Ampeln und Polizisten, die den Verkehr regeln.

Aus heutiger Sicht wirken insbesondere die Abbildungen sehr nostalgisch. So spürt man beispielsweise in den Piktogrammen der Kraftfahrzeuge auf manchen Verkehrsschildern noch den Charme der Vorkriegszeit.

Insbesondere die Wegweiser sehen ganz anders aus als man es heute gewohnt ist. Autobahnen gibt es noch wenige, meistens fährt man auf Bundesstraßen. Und die wenigen Autobahnen, die es bereits gibt, haben noch keine Nummern. So stehen dann auf den Schildern lediglich die Zielbezeichnungen und die Entfernungen.

Im Video blättere ich von vorne bis hinten durch das Buch "Sicher und Führerschein" und zeige die verschiedenen Darstellungen und Erklärungen zur Fahrzeugtechnik, zu den theoretischen Verkehrsregeln und dem praktischen Straßenverkehr.

Das Buch zeigt alles, was der Fahrschüler lernen muß. Es informiert über die Gangschaltung, die richtige Sitzposition, die Einstellung der Spiegel und die Kontrolle des Fahrzeugs. Es zeigt Gefahren- und Verbotszeichen, die Fahrbahnmarkierungen und die Handzeichen der Verkehrspolizisten.

Manches kommt und heute noch sehr bekannt vor, manches ist inzwischen ganz anders, etwa die Beschilderung der Autobahnen, das Zeichen für eine Vorfahrtstraße oder die Verkehrszeichen an Einbahnstraßen.

Andere Verkehrszeichen sind dagegen unverändert geblieben, so ist trotz europäischer Harmonisierung der Symbole der Verkehrszeichen das Zeichen für eine Bus- oder Straßenbahnhaltestelle weiter das gelb-grüne "H" als deutsche Besonderheit.

Es gibt aber auch Regelungen, die man heute gar nicht mehr kennt, wie etwa die besonderen Verkehrsregeln für das Mitführen von Handkarren, oder die in der Mitte von Kreuzungen aufgehängte Zeigerampel.

Heute kann man Zeigerampeln an manchen Orten museal bewundern, daß sie aber tatsächlich mal zur Signalisierung im Straßenverkehr eingesetzt wurden, ist aus dem kollektiven Gedächtnis weitgehend verschwunden.

Das Buch beinhaltet auch zahlreiche technische Darstellungen zur Funktionsweise des Kraftfahrzeugs. Da geht es nicht nur um Abblend- und Fernlicht, um Rad- und Ölwechsel, sondern auch um viele Dinge, mit denen man sich heute als Fahrer gar nicht mehr auseinandersetzt, weil sie inzwischen zu sehr mit elektronischen Komponenten verwoben und gekapselt sind, als daß man als Laie daran noch etwas reparieren könnte.

Aus heutiger Sicht erscheinen die Erläuterungen und Zeichnungen zuweilen recht amüsant. Es ist nicht nur so, daß sich die Technik des Automobils inzwischen weiterentwickelt hat, sondern auch die Art zeichnerischer Darstellungen war in den 1960er-Jahren eine andere als heute.

So erscheinen manche bildlichen Darstellungen aus heutiger Perspektive eher wie Karrikaturen. Zum Beispiel geht es um die Frage, wann der Kraftfahrer mit seinem Fahrzeug in die Werkstatt zum Bremsendienst fahren sollte.

Auf mehreren Seiten widmet sich das Lehrbuch den Rechtsfragen bei Verkehrsverstößen und bei Unfällen. Es geht auf Zivilrecht und Strafrecht, auf Verschuldenshaftung und Gefährdungshaftung ein, auf Haftpflicht- und Insassenversicherung, erklärt den Unterschied zwischen einer Voll- und einer Teilkaskoversicherung. Es beschreibt auch das Punktesystem des Verkehrszentralregisters.

Kein einziges Wort dagegen verwendet das Buch "Sicher zum Führerschein" dagegen auf einen besonderen Paragraphen der deutschen Straßenverkehrsordnung, der bis heute unverändert geblieben ist: Den §50 StVO.

Der §50 StVO verbietet bundesweit (denn die Straßenverkehrsordnung gilt in ganz Deutschland) das Fahren mit Kraftfahrzeugen und das Fahrradfahren auf der Insel Helgoland.

Und somit wäre es doch eigentlich logische Konsequenz der bundesweit geltenden Straßenverkehrsordnung, wenn auch der §50 StVO bundesweit in der Fahrprüfung abgefragt würde.

Und schließlich ist der §50 StVO eine Besonderheit im deutschen Straßenverkehrsrecht:

Die Frage, mit welchen Verkehrsmitteln bzw. Fahrzeugen, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit man fahren darf, bestimmt sich ansonsten anhand der jeweiligen Beschilderung, den Handzeichen von Verkehrspolizisten oder den Markierungen auf der Fahrbahn. In keinem anderen Paragraphen außer in §50 StVO wird eine Verkehrsregel definiert für ein ganz explizit angegebenes Areal.

So hat rechtlich gesehen die Feststellung "Ich befinde mich auf Helgoland" einen ähnlichen Charakter wie die Feststellung "Ich befinde mich in einer Einbahnstraße".

Ebenso, wie der Kraftfahrer sich vor dem Losfahren darüber in Kenntnis setzen muß, welche Beschilderungen und Markierungen sich an seinem aktuellen Aufenthaltsort befinden (zum Beispiel, ob er sich gerade in einer Einbahnstraße befindet und in welche Richtung in ihr gefahren werden darf), so muß er sich ebenso darüber vergewissern, ob er sich eventuell gerade auf der Insel Helgoland befindet – und das bundesweit.

Im Verzeichnis der Ordnungswidrigkeiten (§49 StVO) steht das Führen von Kraftfahrzeugen oder das Fahrradfahren auf der Insel Helgoland gleichberechtigt neben anderen Verkehrsverstößen, beispielsweise das Überschreiten der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit.

Im Bußgeldkatalog wurde dagegen der §50 StVO vergessen. Und auch in den zahlreichen Online-Bußgeldrechnern, die man im Internet findet, gibt es keine Möglichkeit, einen Verstoß gegen §50 StVO einzutragen.

Vielleicht wird eines Tages der §50 StVO einer europäischen Straßenverkehrsordnung zum Opfer fallen. Bisher jedenfalls ist dieser Paragraph eine deutsche Besonderheit, mit der sich die Straßenverkehrsordnung von der aller anderen Staaten abhebt.

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