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Dr. Joachim Gauck


Dr. Joachim Gauck ist nach der deutschen Wiedervereinigung bekannt geworden als der erste "Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik". Dieser Titel mit der Abkürzung "BStU" ist gleichzeitig der Name der zugeordneten Behöre, die als Bundesoberbehörde dem Innenministerium der Bundesrepublik Deutschland unterstellt ist. Rechtsgrundlage hierfür ist das Stasi-Unterlagen-Gesetz vom 29. Dezember 1991. Aufgrund des langen Namens wurde die Behörde im Volksmund mit dem Kurznamen "Gauck-Behörde" betitelt. Dr. Joachim Gauck leitete die Behörde bis September 2000. Damit hat er zwei Amtszeiten zu je fünf Jahren absolviert, gemäß dem Stasi-Unterlagen-Gesetz war eine dritte Amtszeit nicht zulässig.

Geboren wurde Dr. Joachim Gauck am 24. Januar 1940 in Rostock. Dort studierte er von 1958 bis 1965 Theologie, wurde danach Vikar und schließlich Pastor in Lüssow, einer Kleinstadt im Kreis Güstrow in Mecklemburg. 1971 kam er nach Rostock-Evershagen.

Seine Qualifikation für den Vorsitz der Behörde zur Offenlegung der Stasi-Unterlagen begründet sich darin, daß Dr. Joachim Gauck am 4. November 1989, als in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) der Widerstand gegen die Regierung offen auf die Straße trat, Mitglied und Sprecher des Neuen Forums Rostock wurde. Das Neue Forum, vollständiger Name "Aufbruch 89, Neues Forum", wurde am 10. September 1989 mit einem von 30 DDR-Bürgern unterzeichneten Aufruf gegründet. Dr. Joachim Gauck machte die Kritik an der Staatsführung der DDR zum Thema seiner Gottesdienste und organisierte Großdemonstrationen in Rostock.

Nachdem am 9. November 1989 die Berliner Mauer fiel, wurde das Neue Forum schließlich auch von der Regierung der DDR als politische Partei anerkannt.

Nach den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 wurde Dr. Joachim Gauck Abgeordneter für das Neue Forum in der Volkskammer der DDR. Dort leitete der den "Sonderausschuß zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)". Am 2. Oktober 1990 wurde er von der Volkskammer zum "Sonderbeauftragten für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR" gewählt. Einen Tag darauf, am 3. Oktober 1990, bestand die DDR (und damit auch die Volkskammer der DDR) nicht mehr, Dr. Joachim Gauck wurde vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl zum "Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes" ernannt, also in seiner existierenden Funktion bestätigt. Wie bereits oben geschildert, wurde er mit Verabschiedung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes am 29. Dezember 1991 Leiter der Behörde des "Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik" (BStU).

Die Rolle von Dr. Joachim Gauck in der DDR ist durchaus umstritten. So wird bespielsweise kritisiert, daß er erst zu einem Zeitpunkt als Oppositioneller auftrat, zu dem sich der Widerstand in der DDR offen formierte. Nach eigener Aussage hielt er es vorher für taktisch unklug, Kritik an der Regierung der DDR zu üben. So blieb er auch lange Zeit von der Stasi unbeachtet. Im Jahr 1983 wurde ein operativer Vorgang (OV) über ihn angelegt, im Jahr 1988 aber wieder geschlossen, weil er als nicht weiter beobachtenswert eingestuft wurde. Das Ministerium für Staatssicherheit überlegte sogar, ihn als Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) anzuwerben.

Die Tatsache, daß Dr. Joachim Gauck Kontakte seiner Mitbürger zum Ministerium für Staatssicherheit generell als Kollaboration öffentlich anprangert, ohne dabei eine ohne inhaltliche Differenzierung vorzunehmen, während er sich selbst jahrzehntelang an angepaßter Bürger mit dem System arrangierte, bringt ihm den Vorwurf ein, selbstgerecht und überheblich zu sein. Gerade von linken Kreisen wird Dr. Joachim Gauck als "Kommunisten-Fresser" gesehen, der hinter allen Meinungen, die auch nur im Entferntesten an Gedanken des Sozialismus oder Kommunismus erinnern oder die eine differenzierte Bewertung von Kontakten mit dem Ministerium für Staatssicherheit beinhalten, die Polemik PDS-gesteuerter Seilschaften vermutet.

 

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Die Photos von Dr. Joachim Gauck habe ich am Karfreitag, dem 25. März 2005, in Dortmund am Mahnmal Bittermark aufgenommen. Angesichts der vor mittlerweile 60 Jahren, nämlich im März und April 1945, begangenen Verbrechen der Nationalsozialisten war er als Redner eingeladen worden.

Noch einen Tag vor der Besetzung durch amerikanische Truppen haben Angehörige der Gestapo Kriegsgefangene und Widerstandskämpfer ermordet. Die Nazis wollten die Nachkriegszeit nicht ihren "innerdeutschen Feinden" überlassen.

Anläßlich des runden Jahrestages dieser schrecklichen Taten sprach Dr. Joachim Gauck in einer bewegenden Rede über die Aufarbeitung von Unrecht, über den Kampf gegen das Vergessen damit zusammenhägend über die Weitergabe der Lehren aus der Vergangenheit an die künftigen Generationen.

Die Einladung von Dr. Joachim Gauck als Redner bei einer Gedenkveranstaltung u.a. für ermordete Kommunisten stieß bei vielen politischen Gruppen in Dortmund auf starken Widerstand. Die Präsidentin des Internationalen Rombergparkkomitees, Gisa Marschefski, die sonst jedes Jahr auf der Gedankveranstaltung spricht, erschien aus Protest nicht. Ihre Rede wurde von einer Stellvertreterin vorgelesen.

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